Baukultur
Schweiz
Wir alle sind Teil der Baukultur. Wir prägen den gestalteten Lebensraum, und er prägt uns. Die Frage nach einer hohen Baukultur ist deshalb immer auch die Frage: «Wie wollen wir leben?» Und: «Wie lösen wir drängende gesellschaftliche Herausforderungen?»
Die Webplattform «Baukultur Schweiz» fördert das Gespräch über den gestalteten Lebensraum. Sie vernetzt Akteure von der lokalen bis zur internationalen Ebene und versteht sich als Podium für Wissen, Austausch und Inspiration.
Die Webplattform ist ein Projekt im Werden. Hinter «Baukultur Schweiz» stehen der 2010 ins Leben gerufene Runde Tisch Baukultur Schweiz, der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA) und das Bundesamt für Kultur (BAK).
In der Kerngruppe von «Baukultur Schweiz» wirken mit:
Claudia Schwalfenberg
Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (SIA)
Leiterin Fachbereich Kernthemen
Verantwortliche Baukultur
Anne Pfeil
Bundesamt für Kultur (BAK)
Leitung Grundlagen und Projekte
Caspar Schärer
Bund Schweizer Architektinnen und Architekten (BSA-FAS)
Generalsekretär
Regula Steinmann
Schweizer Heimatschutz (SHS)
Leiterin Baukultur
Norbert Russi
EspaceSuisse
Team Siedlungsberatung
Patrick Schoeck-Ritschard
Bund Schweizer Landschaftsarchitekten und Landschaftsarchitektinnen (BSLA)
Geschäftsführer
Eveline Althaus
Archijeunes
Geschäftsführerin
Andrea Schaer
Nationale Informationsstelle zum Kulturerbe (NIKE)
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Politik und Weiterbildung
Daniel Klos
Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (SIA)
Fachspezialist Kernthemen, Baukultur und SIA-Masterpreise
Wer kümmert sich um die Qualität des Ortes?
Nach dem Tod des letzten Besitzers von Schloss und Park Trevano kauft der Kanton Tessin das stattliche Anwesen nördlich von Lugano für nur 200 000 Franken. Es ist das Jahr 1934, und trotz der Wirtschaftskrise will die Regierung dem Anwesen mit Musikfestspielen zu neuem Glanz verhelfen. Doch die Zeiten sind hart, und das Schloss verfällt. 1961 lässt die Regierung das Schloss sprengen, um im Park Schulgebäude zu errichten. Seit die SUPSI (Fachhochschule der italienischen Schweiz) ihre Schulgebäude Ende 2020 verlassen hat, werden sie von der Verwaltung und anderen Schulen als Provisorien genutzt.
Erfüllt der Ort seinen Zweck?
Im Trevano-Park sind drei Schulkomplexe untergebracht. Im südlichen Bereich befinden sich die Gebäude, die bis Dezember 2020 von der SUPSI genutzt werden, im mittleren Bereich das Technische Berufszentrum mit der Sportinfrastruktur und im nördlichen Bereich die Oberstufe von Canobbio sowie die Berufsschule für Gesundheits- und Sozialberufe. Eingebettet sind die Schulbauten in den historischen Park mit seinem schönen Baumbestand.
Fördert der Ort die Biodiversität?
Das Gelände des ehemaligen Parks ist erhalten geblieben, wenn auch durch Schulgebäude und Parkplätze stark verändert. Südlich und östlich des ehemaligen Schlosses bildet der alte Baumbestand noch heute einen zusammenhängenden Wald inmitten der Agglomeration. Dass der Park auf einem Hügel liegt und sich der Wald an den Hängen ausbreitet, hat sicherlich zu seinem Erhalt beigetragen. Kleintiere, Insekten und Vögel finden hier Unterschlupf.
Bleibt der Ort langfristig attraktiv zum Leben und Arbeiten, für Freizeit und Tourismus?
Die ehemaligen SUPSI-Gebäude aus den 1960er-Jahren sind in einem sanierungsbedürftigen Zustand. Sie werden in den nächsten Jahren für mehrere Millionen Franken instandgesetzt, damit sie wieder als Schulgebäude genutzt werden können. Zurzeit läuft ein Studienauftrag, der die Weichen für die Zukunft stellen wird. Südlich an das Areal angrenzend befindet sich das neue Quartier Cornaredo, das sich in den nächsten Jahren stark verändern wird.
Fördert der Ort die Gemeinschaft?
Da der Park verschiedene Schulen beherbergt, ist er ein sehr sozialer Ort. Es wimmelt von Jugendlichen, jungen Erwachsenen und Lehrkräften, auch wenn der ehemalige Campus der SUPSI nicht mehr voll ausgelastet ist. Verschiedene Verpflegungsmöglichkeiten, Aussenbereiche mit Tischen und Bänken, aber auch Tischtennistische am Waldrand bieten vielfältige Begegnungszonen.
Werden das baukulturelle Erbe und regionale Besonderheiten erhalten und genutzt?
Als die Regierung 1961 das Schloss sprengt, gibt es wenige Stimmen, die sich gegen den Entschluss wehren. In den Augen vieler wirkt es baufällig und teuer im Erhalt. Die 1963 an gleicher Stelle errichteten fünf Betonbauten der Architekten Sergio Pagnamenta und Attilio Marazzi bilden ein stimmiges Ensemble inmitten des alten Baumbestands. Doch 60 Jahre später stehen sie vor einer grundlegenden Sanierung. Auch sie wirken in den Augen vieler baufällig und teuer im Erhalt. So schreibt der «Corriere del Ticino» in einem Artikel zum Stand der Dinge in Trevano betreffend das gesprengte Schloss: «Eine Entscheidung, die heute als grosser Fehler erscheint.»
Zeichnet sich der Ort durch seine Unverwechselbarkeit aus?
Der ehemalige Schulcampus der SUPSI am Rand des Parks ist ein schönes Beispiel für das Zusammenspiel von Architektur und Landschaft. Die Architekten haben die fünf unterschiedlich grossen Betonkuben um einen zentralen Aussenraum angeordnet, der heute leider als Parkplatz genutzt wird. Auch wenn die Bauten heute vernachlässigt wirken, ist das Ensemble immer noch von hoher gestalterischer Qualität. Es ist zu hoffen, dass die geplante Sanierung das Potenzial des Aussenraums und der Gebäude wieder zur Geltung bringt.
Hat der Ort eine stimmungsvolle Wirkung auf die Betrachtenden?
Der Zustand zwischen Zwischennutzung und teilweisem Leerstand des ehemaligen Schulcampus der SUPSI in Kombination mit dem alten Baumbestand wirkt wie eine Filmkulisse eines vergessenen Orts. Es wäre wünschenswert, dass auch dieser Teil des Parks voller Studierender wäre, wie die beiden Ausbildungszentren weiter nördlich, denn die Qualität des Bestandes ist offensichtlich.