Baukultur
Schweiz
Wir alle sind Teil der Baukultur. Wir prägen den gestalteten Lebensraum, und er prägt uns. Die Frage nach einer hohen Baukultur ist deshalb immer auch die Frage: «Wie wollen wir leben?» Und: «Wie lösen wir drängende gesellschaftliche Herausforderungen?»
Die Webplattform «Baukultur Schweiz» fördert das Gespräch über den gestalteten Lebensraum. Sie vernetzt Akteure von der lokalen bis zur internationalen Ebene und versteht sich als Podium für Wissen, Austausch und Inspiration.
Die Webplattform ist ein Projekt im Werden. Hinter «Baukultur Schweiz» stehen der 2010 ins Leben gerufene Runde Tisch Baukultur Schweiz, der Schweizerische Ingenieur- und Architektenverein (SIA) und das Bundesamt für Kultur (BAK).
In der Kerngruppe von «Baukultur Schweiz» wirken mit:

Claudia Schwalfenberg
Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (SIA)
Leiterin Fachbereich Kernthemen
Verantwortliche Baukultur

Anne Pfeil
Bundesamt für Kultur (BAK)
Leitung Grundlagen und Projekte

Regula Steinmann
Schweizer Heimatschutz (SHS)
Leiterin Baukultur

Norbert Russi
EspaceSuisse
Team Siedlungsberatung

Patrick Schoeck-Ritschard
Bund Schweizer Landschaftsarchitekten und Landschaftsarchitektinnen (BSLA)
Geschäftsführer

Eveline Althaus
Archijeunes
Geschäftsführerin

Andrea Schaer
Netzwerk Kulturerbe Schweiz
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Politik und Weiterbildung

Daniel Klos
Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein (SIA)
Fachspezialist Kernthemen, Baukultur und SIA-Masterpreise
Wer kümmert sich um die Qualität des Ortes?
Für die Revitalisierung als niederschwelliges Kulturbad wurde vom preisgekrönten Verein Bagni Popolari 2022 eine gemeinnützige Genossenschaft geschaffen. Die über 800 Mitglieder investieren als einzigartige Trägerschaft. Mittels modellhafter Partizipation und intensiver Kooperation mit Expert*innen wird lokales bädergeschichtliches und -technisches Wissen erforscht und geteilt. Bagni Popolari pflegt gemeinschaftliche Badekultur und Zugang zum Thermalwasser und soll das Bad dereinst betreiben.
Passt der Ort sich an, während er gleichzeitig sein baukulturelles Erbe bewahrt?
Das Bad wird mindestens seit der Ersterwähnung um 1299 kontinuierlich genutzt und den Bedürfnissen angepasst. Die aktuelle Revitalisierung führt innerhalb des Bestandes zurück zu einer robusten, gemeinschaftlichen und multifunktionalen Badstruktur. Das historische, mehrheitlich noch funktionierende wassertechnische System soll sanft an aktuelle hygienische und sicherheitstechnische Standards angepasst werden. Bad und Kulturerbe sollen möglichst hindernisfrei zugänglich sowie erleb- und nutzbar sein.
Zeichnet sich der Ort durch eine dauerhafte Bauweise und wenig Unterhaltsbedarf aus?
Vertiefte Materialuntersuchungen und Recherchen - speziell im Kontext des mineralreichen Thermalwassers - verhelfen zum gezielten Materialeinsatz. Historisch im Bäderquartier bewährte Baustoffe, Techniken und Systeme werden weitergenutzt oder neu eingesetzt. Wobei neue Infrastruktur sparsam und No- oder Low-Tech entwickelt wird, um beständig und störungsarm betrieben zu werden. Der Verzicht auf chemische Wasseraufbereitung bedingt die Entwicklung eines ortsspezifischen Systems mit UV-C-Licht.
Bleibt der Ort langfristig attraktiv zum Leben und Arbeiten, für Freizeit und Tourismus?
Im Zentrum steht das seit über 2000 Jahren genutzte, 47°C warme Thermalwasser, welches täglich mit einer Menge von 50m3 ins Bad zum Raben fliesst. Das niederschwellige Bad im unbehandelten und naturwarmen Wasser erlaubt ein authentisches Erlebnis, umrahmt von Jahrhunderten alten Mauern und Gewölben. Das gemeinschafts- und gesundheitsfördernde Bad ist einmaliger und attraktiver Ort für Mitarbeitende und Besuchende. Es verleiht den einst bedeutenden Badener Bädern einen einzigartigen Mehrwert.
Bringt der Ort verschiedene Menschen zusammen?
Gesellschaftliches Baden gehörte weit über die Renaissance hinaus zum Merkmal von Baden. Nicht nur das wiederaufgelebte, gemeinsame Bad im warmen Naturgut vereint heute und künftig wieder die Menschen im Bad zum Raben. Partizipative Zwischennutzung, Projektentwicklung und Umbau des Bades fördern Identifikation, Gemeinschaftsgefühl und Austausch verschiedener Menschen mit unterschiedlichen Ressourcen, welche sie einbringen können. Ein niederschwelliger Zugang und Bildung zu Kultur für viele.
Werden das baukulturelle Erbe und regionale Besonderheiten erhalten und genutzt?
Das Bad zum Raben steht nicht nur idealtypisch für die Bauweise der sich seit dem Mittelalter entwickelnden Thermalbadhäuser. Es laboriert auch mit bereits seit römischer Zeit überlieferter Badekultur und entwickelt aus dem Praxiswissen vor Ort anhaltende Nutzung weiter, welche sich aufgrund der Spezifik dieser Landschaft mit ihren heissen Quellen herausgebildet hat. Künstlerische und wissenschaftliche Forschung im begleitenden Programm erweitern die Sicht auf die Kulturpraxis des Thermalbadens.
Zeichnet sich der Ort durch seine Unverwechselbarkeit aus?
Aus Baden mit seinem geselligen Badetreiben wird bereits im 15. Jh. ausführlich berichtet. Damals war das Bad zum Raben bereits in Betrieb. Heute fusst das Konzept auf der Verbindung von «Baden in natürlichem Thermalwasser, historisches Badhaus erleben und niederschwellig in künstlerische und wissenschaftliche Forschung eintauchen». Dies macht das Bad zum Raben mit seiner breit abgestützten, gemeinschaftlichen Eigentümerschaft und ihrer Mitwirkung zu einem schweizweit einmaligen Begegnungsort.
Nehmen die Menschen den Ort als schön wahr?
Die Atmosphäre der Bäder und Räume, welche seit Generationen vom natürlichen Thermalwasser durchströmt werden, berührt Menschen. Die Spuren vergangener Benutzung und würdig alternde Oberflächen mit Patina sowie unperfekten Stellen in der Substanz wie z.B. auch wiederverwendete Teile, wie Tonplatten, verleihen spürbare Authentizität. Sparsam eingesetzte, wertige Materialien wie Ton, Stein, Kalk, Metall und Holz - und ihre schlüssige Verarbeitung schaffen eine natürliche Ästhetik der Beständigkeit.